Jeder seriöse Hundehalter sollte die notwendige Sachkunde beweisen. Gesetze sollten ohne diese Sach- und Fachkunde nicht verabschiedet werden.

„Ein Hund, der knurrt, ist nicht gefährlich. Er kommuniziert. Wissen sollte hysterisches Verhalten ersetzen.“ ( Dr. Dorit U. Feddersen-Petersen)

Angst ist hier sicher kein guter Berater, wenn es darum geht, Gesetze für ein friedliches, verständnisvolles und gefahrloses Miteinander zu erarbeiten. Wissenschaftliche Fachleute und Verhaltensforscher haben sinnvolle Studien erarbeitet, die zu einer soliden Sachkundegrundlager hinzugezogen werden könnten. Im folgenden einige Beispielstudien dieser Wissenschaftlichen Arbeiten:

Aus dem Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde) der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung von Prof. Dr. Hackbarth)

Untersuchung des Verhaltens von fünf Hunderassen und einem Hundetypus im innerartlichen Kontakt des Wesenstestes nach den Richtlinien der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom 05.07.2000, vorgelegt von Andrea Böttjer aus Breme.

Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die große Variabilität im aggressiven Verhalten innerhalb und zwischen den Rassen (FEDDERSEN-PETERSEN 2000 b). Nur 3,75% aller getesteten Hunde zeigten ein der Situation unangemessenes und damit gefährliches aggressives Verhalten anderen Hunden gegenüber. Diese Individuen können mit dem Wesenstest als Methode von der Zucht ausgeschlossen werden. Der Zwang zur Kastration ganzer Rassen ist somit tierschutzwidrig. Eine unterschiedliche Gefährlichkeit der fünf Rassen und des Typus bestand nicht. Nach diesen Ergebnissen erscheint die Einteilung in zwei Kategorien durch die GefTVO willkürlich, da sich die unterstellten Rasseunterschiede nicht bestätigten. Auch ist eine Aufteilung nach NHundG anhand der Ergebnisse nicht zu rechtfertigen. Gestört aggressives Verhalten wurde ohne Unterschiede zwischen den Rassen und nach NHundG aufgeteilten Hunden gezeigt. Einzig die Situation „Zunehmend, gegengeschlechtlich“ rief bei Hunden der Kategorie 2 signifikant seltener gestört aggressives Verhalten hervor als bei Hunden der Kategorie 1, was sich aber nicht in den maximalen Skalierungen niederschlug. Kein Staffordshire Bullterrier zeigte gestört aggressives Verhalten. Es wurde gezeigt, dass bei den getesteten Individuen viele Variablen bestehen, die das bei ihnen beobachtete Verhalten beeinflussen. Diese unterschiedlichen Umwelteinflüsse aller Hunde konnten aus den Antworten des Fragebogens entnommen werden und sind in Kap. V.1 dargestellt. Die meisten Faktoren hatten für sich genommen entsprechend auch keinen signifikanten Einfluss auf das Vorkommen von Beißen 52 im Test, was die multifaktorielle Genese aggressiven Verhaltens untermauert. Als umso wichtiger ist einerseits die Möglichkeit des Prüflings zu freiem Kontakt mit anderen Hunden ohne Leinenzwang vor Inkrafttreten der Verordnung einzuschätzen, da hier ein signifikanter Unterschied zwischen Beißern und Nichtbeißern bestand. Höchstsignifikant mehr Nichtbeißer hatten vor Inkrafttreten der Verordnung die Gelegenheit, ritualisierte Kommunikation unter Artgenossen einzuüben. Einzelfallbeschreibungen von Frustration an der Leine ergänzen dieses Bild. Andererseits wurde der höchstsignifikante Zusammenhang zwischen aversiven Erziehungsmaßnahmen, insbesondere dem Einsatz des Leinenruckes, und dem Auftreten von Drohverhalten und Beißen im Test gezeigt. Er bestand deutlich ohne die Beseitigung anderer Variablen (Rasse und andere untersuchte Faktoren des Fragebogens) im Vorfeld, was zusätzlich für den großen Einfluss dieser Erziehungsmaßnahme spricht. Fehlende Freilaufmöglichkeit und Einsatz aversiver Erziehungsmittel stehen in direktem Zusammenhang mit dem Vorkommen von Beißen im Hund-Hund-Kontakt des Wesenstestes. Jagdverhalten ist als Motivation bei der Entstehung und Ausprägung gestört aggressiven Verhaltens beteiligt. Gesamte Studie zum Download hier.


Fünf Hunderassen und ein Hundetypus im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom 05.07.2000: Faktoren, die beißende von nicht-beißenden Hunden unterscheiden, vorgelegt von Sandra Bruns aus Wernigerode.

Die Hunde, die im Niedersächsischen Wesenstest mindestens einmal mit Beißen oder Schnappen reagierten (Gruppe B), wurden verglichen mit Hunden, die entweder kein Drohverhalten oder aber maximal optisches oder akustisches Drohen oder Schnappen ohne Annäherung gegenüber den Testpersonen zeigten (Gruppe K). Die Hunde der Gruppe B empfanden in Alltagssituationen häufiger einen Konflikt und zeichneten sich im Vergleich zu Hunden der Gruppe K durch eine erhöhte Eskalationsbereitschaft aus, waren also eher bereit, aggressives Verhalten zur Konfliktlösung einzusetzen. Grundsätzlich dient aggressives Verhalten im Rahmen agonistischer Handlungen dazu, eine subjektiv empfundene Bedrohung zu vertreiben oder auf Distanz zu halten (TEMBROCK 1992). Somit ist davon auszugehen, dass Hunde der Gruppe B eher eine Bedrohung empfanden als Hunde der Gruppe K. Anhand des beobachtbaren Ausdrucksverhaltens in fünf untersuchten Situationen des Wesenstests konnte festgestellt werden, dass aggressives Verhalten in beiden Gruppen höchstsignifikant häufiger mit deutlichen Zeichen von Unsicherheit eingesetzt wurde als aus einer selbstsicheren Motivation heraus. Somit ist angstbedingte Aggression als häufigste Ursache aggressiven Verhaltens im Wesenstest anzusehen. Insbesondere die Anwendung unangemessener Bestrafung kann Ursache angstaggressiven Verhaltens sein (OVERALL 1997). Auch im Hinblick auf inkonsequente Trainingsmethoden kann der Hund seine Umwelt als unkontrollierbar erfahren, was zur Empfindung von Konflikten und Frustration führt (BORCHELT und VOITH 1996). Beim Vergleich beider Gruppen im Hinblick auf bestimmte Erziehungsmaßnahmen fiel auf, dass diese sich zum Teil deutlich unterschieden. So ergaben sich hochsignifikante Unterschiede beim Anwenden von Leinenrucken. Dabei rissen die Halter von Hunden der Gruppe B häufiger absichtlich an der Leine als die Halter von Hunden der Gruppe K. Die Hunde der Gruppe K zeigten häufiger eine gute Leinenführigkeit. Die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant. Signifikant waren die Unterschiede zwischen den Gruppen B und K jedoch im Hinblick auf das Hochspringen an den Testpersonen, wobei dies die Hunde der Gruppe B häufiger taten. Die Überprüfung des Gehorsams erfolgte nur bei drei Rassen. Die Hunde der Gruppe K reagierten meistens schon beim ersten Kommando, während Hunde der Gruppe B dies öfters erst nach mehreren Wiederholungen taten. Den Rang anmaßenden Gesten durch den Halter entzogen sich mehr Hunde der Gruppe B als der Gruppe K. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass Besitzer von Hunden der Gruppe K ihre Hunde besser beeinflussen konnten (Leinenführigkeit, Gehorsam). Die Interaktionen zwischen Halter und Hund waren entspannter, da seltener Leinenrucken zu beobachten war und die Hunde sich den Rang anmaßenden Gesten signifikant seltener entzogen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass diese Halter ihren Hunden mehr Sicherheit vermitteln konnten. Außerdem gelang es den Haltern von Hunden der Gruppe K signifikant öfter, das Verhalten ihrer Hunde richtig einzuschätzen. Dadurch wird das Hundeverhalten in Alltagssituationen für den Halter vorhersehbar und lenkbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund in einer Konfliktsituation aggressiv reagiert, wird grundlegend durch den Halter beeinflusst. Die Sachkunde des Besitzers ist der beeinflussende Faktor dafür, ob ein Hund in Konfliktsituationen aggressiv oder nichtaggressiv reagiert. Aus diesem Grund sind Ausbildungsmöglichkeiten für Hund und Halter vermehrt zu etablieren und zu optimieren (FEDDERSEN-PETERSEN 2001a). Gesamte Studie zum Download hier.


Untersuchung einer Bullterrier-Zuchtlinie auf Hypertrophie des Aggressionsverhaltens, vorgelegt von Jennifer Hirschfeld aus Munster

Wie schon zahlreiche vorhergehende Studien (u.a. MITTMANN 2002, BÖTTJER 2003, BRUNS 2003, JOHANN 2004, FEDDERSEN-PETERSEN 2004) zeigt auch diese Untersuchung deutlich, daß Pauschalaussagen bezüglich bestimmter Hunderassen im Allgemeinen oder auch bezüglich Hundegruppen und -typen, wie sie beispielsweise bei SCHLEGER (1983), im „Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes“ (BMELF 2000) oder auch in rechtssetzenden Texten wie der Nds. GefTVO getroffen werden, ethologisch nicht haltbar sind. Die von einem individuellen Hund ausgehende potentielle Gefahr, ist nicht an seine Rassezugehörigkeit oder Größe gekoppelt, sondern an seine individuelle genetische Ausstattung in komplexer Wechselwirkung mit den auf das Tier einwirkenden Umwelteinflüssen (FEDDERSEN-PETERSEN u. OHL 1995, LOCKWOOD 1995, FEDDERSEN-PETERSEN 2000d, 2004). Die Ergebnisse dieser Studie belegen erneut, daß Hunde, unabhängig von ihrer Rasse, auf ähnliche Reize mit Aggressionen reagieren. Die Reaktion eines Hundes in einer bestimmten Situation ist von seiner jeweils aktuellen Motivationslage abhängig. Diese wiederum wird von verschiedensten endo- und exogenen Faktoren bestimmt. „Sein beobachtbares Verhalten ist also von zahlreichen Einflüssen und Reizen abhängig - und Ausdruck oder Indikator für den so differenziert wechselseitig beeinflußbaren inneren Zustand des Tieres - in einer ganz bestimmten Situation“ (FEDDERSEN-PETERSEN u. OHL 1995). Gerade die hier erzielten Ergebnisse des Hund-Mensch- und Hund-Umwelt-Kontaktes (ein Großteil der Hunde zeigt nur vereinzelt optisches oder akustisches Drohverhalten und bleibt wiederum im Großteil der Testsituationen neutral oder freundlich) untermauern eindeutig erneut die Tatsache, daß Aggressionsverhalten nicht allgemein kennzeichnend für einen Hund sein kann, da es nicht statisch ist, sondern jeweils situativ angepaßt gezeigt wird (FEDDERSEN-PETERSEN u. OHL 1995). Obwohl die Niedersächsische Gefahrtierverordnung am 3. Juli 2002 durch das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben wurde, unterliegen auch heute noch einige völlig willkürlich und bar jeder wissenschaftlicher Grundlage ausgewählte Hunderassen gesetzlichen Einschränkungen auf Bundesebene. Für die Rassen Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Hunde vom Pitbull-Typus gilt zur Zeit ein bundesweites Einfuhr- und Verbringungsverbot. Die Ermächtigung zum Erlass von Einschränkungen der Zucht dieser Hunde wurde den Ländern übertragen. In Niedersachsen besteht dazu zur Zeit keine Regelung. Trotz der fehlenden wissenschaftlichen Grundlage geht der Gesetzgeber unverständlicherweise weiterhin davon aus, daß diesen Rassen und dem Hundetypus ein erhöhtes Gefährdungspotential anhängt. Aggression ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Sozialverhaltens. Sie dient als Regelmechanismus des Zusammenlebens einer Gruppe. Durch Aggressionen werden Konflikte ausgetragen. Kompetition und Kooperation wird in Einklang gebracht. Dadurch aber wird ein geregeltes Miteinander zum Wohle des Individuums erst ermöglicht. Leider ist „Aggression“ zum negativ belegten Begriff geworden und wird ebenso häufig wie fälschlich mit der abstrakten Bezeichnung „Gefährlichkeit“ gleichgesetzt. Um „Gefährlichkeit“ bzw. eine Gefährdung zu verhindern, bedarf es aber deren fundierter und sachgerechter Definition. Eine solche Definition darf jedoch nicht auf willkürlichen rassebezogenen Vorurteilen basieren, sei es auch noch so bequem und populär. Stattdessen bedarf es konkreter Kriterien und Merkmale, welche die Gefahr, die von einem Individuum ausgeht, einzuschätzen helfen. FEDDERSEN-PETERSEN (2004) beschreibt diese Kriterien als: “der Situation nicht angemessenes Aggressionsverhalten, Angriffe und ungehemmtes Beißen (ohne Beißhemmung) von Sozialpartnern (Artgenosse, Mensch) und anderen Tierarten.“ Keine der in jüngster Zeit unter diesen Betrachtungskriterien durchgeführten Studien ergab eine Korrelation zwischen übermäßigem Aggressionsverhalten und Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse oder zu einem bestimmen Hundetyp. Vielmehr konnten stets signifikante Zusammenhänge zur mangelnden Sachkunde der Hundehalter und einer unrealistischer Einschätzung des Verhaltens der jeweiligen Hundes durch die Halter festgestellt werden. Die Korrelation zwischen aversiven Ausbildungsmethoden und dem gehäuften Auftreten aggressiver Verhaltensweisen wurde bereits erwähnt. Als einzig denkbare Schlußfolgerung verbleibt mithin, daß in erster Linie gestörte Hund-Halter-Beziehungen für die mögliche Gefährdung der Umwelt durch Hunde verantwortlich zu machen sind (LOCKWOOD 1986, BRUNS 2003, FEDDERSEN-PETERSEN 2004). Auf der Basis dieser Schlußfolgerungen läßt sich ein Lösungsansatz nicht in einer weiteren Reglementierung und damit Diskriminierung bestimmter Hunderassen oder - typen finden. In ihren Kommunikationsmöglichkeiten durch Leine und/oder Maulkorb eingeschränkte Hunde werden langfristig immer unter einer Einbuße an sozialer, kommunikativer Kompetenz leiden. Hingegen gilt es die Erhöhung der sozialen Kompetenz zu fördern. Die Basis dazu bietet beispielsweise die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Ethologie und die Vermittlung fundierten Fachwissens an Hundezüchter und -halter. Entscheidend ist daneben eine weder reißerische, noch polemisierende, sondern eine sachliche und wissenschaftlich fundierte Information der Öffentlichkeit und der politischen Gremien. Letztlich greift auch hier wieder der Leitsatz des Instituts für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde) der Tierärztlichen Hochschule Hannover: „Wissen schützt Tiere“. Gesamte Studie zum Download hier.


Untersuchung des Verhaltens von Golden Retrievern im Vergleich zu den als gefä hrlich eingestuften Hunden im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom 5.7.20 00, vorgelegt von Tina Johann aus Bremen.

Obwohl die Niedersächsische Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000 am 3. Juli 2002 vom Bundesverwaltungsgericht für nichtig erklärt wurde, unterliegen noch heute auf Bundesebene die Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier und Hunde vom Pitbull-Terrier den Einschränkungen einer Rasseliste. Es gilt ein Einfuhr- und Verbringungsverbot. Das Aussprechen eines Zuchtverbots wurde an die Bundesländer abgegeben; in Niedersachsen besteht für die aufgeführten Rassen kein Zuchtverbot. In dieser Studie wurde beim Vergleich der Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Dobermann, Rottweiler, Staffordshire Bullterrier und Hunden vom Pitbull-Typus mit der Kontrollgruppe der Golden Retriever kein signifikanter Unterschied im Auftreten von inadäquat aggressivem Verhalten festgestellt. Es ist somit u. a. ethologisch nicht vertretbar, dass bestimmte Hunderassen vom Gesetzgeber und der Gesellschaft diskriminiert werden. Der American Staffordshire Terrier und der Dobermann fielen zwar im paarweisen Vergleich mit dem Golden Retriever bezogen auf inadäquat aggressives Verhalten auf, jedoch sollte diese Tatsache nicht zu Sanktionen in der Haltung dieser Rassen führen. Unabhängig von der Hunderasse sollte es das Ziel sein, kompetentere Hundebesitzer bzw. Züchter hervorzubringen. Diese große Verantwortung sollte der Gesetzgeber, jeder Hundebesitzer und derjenige, der es werden will und sich somit einen guten Züchter aussuchen sollte, tragen. Die Verantwortung des Gesetzgebers kann in Form eines vorgeschriebenen oder begünstigten (z.B. Hundesteuerermäßigung) Hundeführerscheins für alle Hundebesitzer bestehen, bei dessen Erwerb Hund und Halter ihre „Gesellschaftstauglichkeit“ unter Beweis stellen müssen. Zusätzlich müssten Züchter und Hundeschulen bzw. Hundetrainer Qualifikationen nachweisen, die ihnen spezielle ethologische Kenntnisse und Erfahrungen bescheinigen. Diese Kompetenzen sind unverzichtbar, denn die Gründe für veraltetes Wissen und traditionelle Ausbildungsmethoden vieler Hundebesitzer finden sich in der Qualität ihrer „Lehrer“ (Hundeschulen, Hundetrainer, Züchter, andere Hundebesitzer, Literatur). Den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von aggressivem Verhalten bei Hunden und aversiven Erziehungsmethoden (z.B. Leinenruck) stellte BRUNS (2003) in ihrer Arbeit über die von MITTMANN (2002) getesteten Hunde dar. Halter, die entspannt mit ihren Hunden umgingen, konnten diesen mehr Sicherheit vermitteln als Halter, die z.B. über Leinenrucks versuchten, auf ihre Hunde erzieherisch einzuwirken. Bei den Hunden, die nicht oder weniger über aversive Methoden ausgebildet wurden, lag ein besserer Gehorsam vor und die Besitzer konnten das Verhalten ihrer Hunde realistischer einschätzen und somit die Hunde angemessener beeinflussen. So verwies BRUNS (2003) darauf, dass die Sachkunde des Besitzers der beeinflussende Faktor für Aggressionsverhalten des Hundes in Konfliktsituationen ist. Auch wenn der Staat dieser Verantwortung nicht nachkommen kann, so sollte jeder Hundebesitzer an einem fundierten Fachwissen interessiert sein, welches er sich vor dem Kauf eines Hundes aneignen sollte. So kann der Kauf des „falschen“ Welpens bzw. Hundes vermieden werden. Kompetente Hundekäufer fördern kompetente Züchter und Hundeausbilder, so dass die Aufzucht und Erziehung des Hundes, besonders im Hinblick auf die Sozialisierungsphase, optimal verlaufen kann. Die aufgezählten Forderungen würden nicht nur dazu beitragen, das Auftreten von nicht erwünschtem, inadäquatem oder gestörtem Aggressionsverhalten zu minimieren, sondern auch zu einer Reduzierung sehr submissiver Hunde führen. Diese sehr ängstlichen, unsicheren Tiere können nicht nur eine Gefährdung für Menschen und andere Hunde darstellen, da Angst häufig die Ursache für aggressives Verhalten ist, sondern sie unterliegen auch einem Leidensdruck, der in seiner Ausprägung tierschutzrelevant sein kann. Durch die Gesellschaft wird häufig nur offensichtlich misshandelten, vernachlässigten oder abgerichteten Tieren Leid zugestanden. Dass auch ein als „kinder- und familienfreundlich“ titulierter Hund aufgrund einer ständigen Unsicherheit gegenüber seiner Umwelt leiden kann, erscheint oft weniger nahe liegend. Gesamte Studie zum Download hier.


Untersuchung des Verhaltens von 5 Hunderassen und einem Hundetypus im Wesenstest nach den Richtlinien der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung vom 05.07.2000, vorgelegt von Angela Mittmann, geb. Bartels aus Bremen

Im Prospekt des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (NMELF 2000c) „Hundeartige – Artige Hunde?“ heißt es, „mit der neuen „Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung“ habe Niedersachsen als erstes Bundesland eine Rechtsgrundlage geschaffen, mit der „aggressiven Hunden“ durchgreifend entgegen gewirkt wird“. Insgesamt 14 Rassen wurden in der Verordnung als „aggressiv“ bezeichnet und ihre Haltung unterlag besonderen Auflagen. Aus welchen Gründen gerade die in der Verordnung genannten Rassen auf der Rasseliste der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung standen, kann nicht nachvollzogen werden. Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung, die exakt diesen Rassen eine besondere Gefährlichkeit bescheinigt. In der vorliegenden Studie zeigten 5 % der Hunde inadäquat aggressives Verhalten, während 95 % adäquates und damit angemessenes Verhalten bewiesen. Bei diesem Prozentsatz ist es fraglich, ob ein gesetzlich verordneter Wesenstest auch in Zukunft für alle Hunde dieser Rassen angemessen ist. Ungeachtet dessen ist der Wesenstest geeignet, aggressives Verhalten bei Hunden auszulösen und zu bewerten. Angemessen ist, dass die Verordnung vorschrieb, den Wesenstest von Tierärzten mit ethologischem Fachwissen und Erfahrungen in der Verhaltenstherapie durchführen zulassen. Diese Kompetenzen sind unverzichtbar, um das Verhalten eines Hundes bewerten und mögliche organische Ursachen für ein verändertes Verhalten ausschließen zu können. Unbestritten ist, dass von Hunden gleich welcher Rasse Gefahren, Gefährdungen und Belästigungen ausgehen können (PODBERSCEK 1994, FEDDERSENPETERSEN und OHL 1995, LOCKWOOD 1995). Auch ein nicht aggressiver Hund ab einer gewissen Körpergröße kann z.B. durch Anspringen eine Gefährdung darstellen. Eine besondere Gefährlichkeit der getesteten Rassen hinsichtlich ihres Wesens konnte in dieser Studie aufgrund der fehlenden Kontrollgruppe weder bewiesen noch widerlegt werden. Sicher ist jedoch, dass die Hunde dieser Rassen allein schon wegen ihrer Größe potentiell nicht weniger gefährlich sind als andere Rassen. Umso wichtiger sind eine gute Sozialisation und eine sachkundige und verantwortliche Haltung dieser Tiere. Dies könnte mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Hundeführerschein für alle Hund-Halter-Gespanne in Niedersachsen unabhängig von der Rasse des Hundes erreicht werden. Wie der Niedersächsische Landwirtschaftsminister BARTELS (NMELF 2000c) treffend sagte, ist es eine Minderheit von Menschen, die eine Minderheit der Hunde missbraucht. So wird es langfristig höchst wahrscheinlich nicht wirkungsvoll sein, schützende Maßnahmen auf einzelne Rassen/Hundetypen zu beschränken, weil Menschen mit der Absicht des Missbrauchs von Hunden vermutlich langfristig andere Rassen zu diesem Zweck nutzen werden. So könnte der Wesenstest in Zukunft dafür eingesetzt werden, um erstens auffällig gewordene Hunde gleich welcher Rasse auf gestört oder inadäquat aggressives Verhalten und zweitens Hunde, die in der Zucht eingesetzt werden, zu testen. Gesamte Studie zum Download hier.


„Kampfhunde“ Geschichte, Einsatz, Haltungsprobleme von „Bull-Rassen“ - Eine Literaturstudie, Vorgelegt von Andrea Steinfeldt aus Wolfenbüttel

Historische Untersuchungen und Funde belegen, daß bereits im Altertum große, schwere Hunde zu Jagd-, Wach- und Kriegszwecken verwendet wurden. Die frühen "Kriegshundpopulationen" waren jedoch in erster Linie von den Regeln der Gebrauchsauslese bestimmt. Mächtige doggenartige Hunde wurden schon rund 2000 Jahre v. Chr. von Babyloniern und Assyrern in den Kriegen um Vorderasien eingesetzt. Unter Xerxes gelangte 480 v. Chr. eine große Anzahl sog. "Molosser" nach Europa, von denen viele Tiere als Beutegut in die Hände der Römer fielen. Diese nutzten sie zur Bewachung der Lager und Reichsgrenzen, schätzten sie als Jagd- und Meldehunde und hetzten sie in den Arenen auf (Wild-)Tiere und Menschen. Die Tierkämpfe, die über viele Jahrhunderte als Volksbelustigung fortgeführt wurden, hatten im England des 17. und 18. Jahrhunderts ihre Blütezeit. Gesetzlich gefördert, führten v.a. die Bullenkämpfe zur Zucht speziell gebauter Hunde (English Bulldogs), die den Grundstein für die Heranbildung der uns heute bekannten sogenannten "Kampfhundrassen" legten. Im Jahr 1835 wurden in England durch Parlamentarischen Beschluß alle Arten von Tierkämpfen verboten. Nun wandte sich das Interesse den leicht im Dunkel der Hinterhöfe durchzuführenden Hundekämpfen zu, die ursprünglich den sozial schwächeren Schichten vorbehalten waren. Die hierfür gezüchteten Terrier waren leichter und wendiger (Bull Terrier und Staffordshire Bull Terrier). Sie besaßen ein ansprechenderes Aussehen, so daß Liebhaber begannen, einheitliche Rassekriterien festzulegen und organisiert auf äußere Merkmale zu züchten. Als die englische Regierung rigoros gegen die weiterhin durchgeführten illegalen Hundekämpfe vorging, konnten sich die neu gezüchteten Rassen mehr und mehr als Ausstellungshunde etablieren. Mitte des 19. Jahrhunderts brachten viele Einwanderer aus den industriellen Ballungszentren Englands ihre Hunde nach Amerika, mit denen sie - vor allem im Nordosten des Landes Hundekämpfe abhielten. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges spalteten sich auch hier die Interessen der Hundehalter- und Züchter auf. Die Liebhaber des Hundekampfes orientierten ihre Zucht streng nach den Regeln der "Leistungsfähigkeit" (American Pit Bull Terrier), während die Verfechter des Ausstellungshundes (American Staffordshire Terrier) sich eindeutig vom Hundekampf distanzierten. Seit dem Jahr 1936 werden beide Rassen daher in zwei unabhängigen Zuchtbüchern geführt. Bis in die heutige Zeit werden Hundekämpfe illegal abgehalten und - gemessen an der Gesamthundepopulation - einige wenige Vertreter verschiedenster Hunderassen für diese Zwecke mißbraucht. Die Ausbildung der Hunde an lebenden Tieren, in der Regel an Hähnen oder Katzen, verursacht meist starke und irreversible Störungen im Sozialverhalten und stellt in jeder Hinsicht einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar. Die Bezeichnung "Kampfhund" als Überbegriff für alle Angehörigen bestimmter Rassen bleibt aber aus vielen Gründen abzulehnen. Formen von übersteigertem Angriffs- oder Aggressionsverhalten können bei Hunden durch verschiedene endogene und exogene Faktoren entstehen, wobei die Rassezugehörigkeit keine Rolle spielt. Aus veterinärmedizinischer Sicht sollte die Gefährlichkeit von Hunden ausschließlich anhand ihres Individualverhaltens beurteilt werden. Dabei muß der Begriff "Kampfhund" unbedingt vermieden werden, weil er historischen Ursprungs ist und sich auf Hundepopulationen bezog, die leistungsorientiert für Kämpfe gezüchtet wurden und die in dieser Form heute nicht mehr existieren. Gesamte Studie zum Download hier.


Fälle von Hundeangriffen in Deutschland, eine Internetbefragung, vorgelegt von Ruth Paproth aus Stelle

Aggression ist der Ursprung von Beißvorfällen, meint man, aber auch Angst kann eine Ursache sein. Aggression als solches wird häufig als etwas Negatives angesehen. Dabei wird völlig vergessen, dass Aggression eine normale Emotion ist, genau wie z. B. Angst, Trauer, Freude, usw. Sie gehört in das Verhaltensspektrum höherer Tiere, auch das des Menschen. Um bestimmte Ressourcen in Anspruch nehmen zu können, benötigen die Hunde z. T. den Ausdruck der Aggression, also das, was sie mit ihrer Gesichtsmimik und dem Körper zum Ausdruck bringen. Wird nun ein Hund gegenüber einem Menschen aggressiv, fragt man nach dem Grund. Leider kann aufgrund der Mannigfaltigkeit der Ursachen, keine pauschale Klärung mit Hilfe eines Fragebogens gefunden werden. Aber man kann durchaus eine Tendenz erkennen, welche Hunde beißen, in welchem Alter, mit welchem Geschlecht, angeleint oder frei laufend und welcher Rasse sie angehören. Gibt es tatsächlich Rassen, die aggressiver sind als andere ? So kam heraus, dass eine Vielzahl der Hunde nicht angeleint war, sich allerdings zum Teil in beengten Räumen aufhielt und bedroht wurde, sogar Schmerzen zugefügt bekam oder man ihm eine Ressource streitig machte. Hunde können beißen und sie tun dies auch, aber zumeist haben sie durchaus Grund dazu. Es ist die absolute Ausnahme, dass ein Hund ohne Grund über jemanden herfällt und beißt. Dies würde dem Wesen des Hundes widersprechen, der zu den Rudeltieren gehört und damit ein soziales Tier ist. Für Hunde würde es keinen Sinn machen, ein Mitglied seines Rudels zu verletzen. Hunde stammen vom Wolf ab, diese sind darauf angewiesen, im Rudel zu jagen. Ein verletztes Tier würde somit die Versorgung mit Nahrung gefährden. Nun ist der Hund zwar mit dem Wolf verwandt, hat aber viele Wesenseigenschaften für sich und seine Rasse entwickelt bzw. sie sind herausgezüchtet worden. Entsprechende Untersuchungen werden an der Kieler Universität, am Institut für Haustierkunde von Frau Dr. Feddersen-Petersen, durchgeführt. Hier wurde bereits festgestellt, dass alle Hunde hochsozial sind. Schlussfolgernd sind sie von Natur aus keine aggressiven Bestien. So wurden die Hunde, die einen Menschen gebissen haben, zum größten Teil vorher bedroht oder man hatte ihnen sogar Schmerzen zugefügt. Bei der überwiegenden Mehrheit der Hunde bedarf es von daher durchaus eines Grundes, bevor die Situation eskaliert und der Hund zubeißt. Um eine sinnvolle Abhilfe für solche Vorfälle zu entwickeln, sollte das Wissen über das Verhalten der Hunde, insbesondere bei Hundehaltern, aber auch bei NichtHundehaltern verbessert werden. Eine Gefahr geht nicht vom Hund allein aus, sondern vor allem vom Hundehalter. Auch beim Züchter sollten Voraussetzungen geschaffen werden, die zu einem gut sozialisierten Hund führen. Hier wird der Grundsteine für die Entwicklung des Verhaltens insbesondere Fremden gegenüber gesetzt. Bei der Zucht bestimmter Rassen wird leider weiterhin vor allem auf das Exterieur der Tiere geachtet und dem Verhalten keine weitere Bedeutung beigemessen. Nur wenn ein Richter selbst von einem vorgeführten und zu bewertenden Tier gebissen wird, kann dies zum Ausschluss führen. Dies stellt ein erhebliches Manko dar, dem dringend Einhalt geboten werden muss. Auch das unkontrollierte Züchten birgt vergleichbare Risiken. Jeder Hund kann beißen, also auch ein kleiner Hund. Auffällig ist, dass vor allem Hunde mittlerer Größe gebissen haben. Dies liegt vor allem daran, dass sie sich größter Beliebtheit erfreuen und deshalb am häufigsten vorkommen. Die Vielzahl der aufgeführten Rassen beweist lediglich, dass es nicht rasseabhängig erfolgen. Warum ein Hund beißt, hängt meist von der Situation und den Erfahrungen der Hunde ab. Daher kommt diese Arbeit auf keinen Fall zu dem Ergebnis, dass diese oder jene Rasse besonders gefährlich ist. Viel mehr kristallisiert sich heraus, dass tatsächlich jeder Hund beißt bzw. beißen kann und dies mit ausreichend Grund auch tut. Durch einen Beißvorfall in Hamburg im Juli 2000 offenbarte sich, dass über die Ursachen von Beißvorfällen wenige Erkenntnisse vorlagen. Eine diesbezügliche Anfrage des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen beim Tierschutzzentrum der Tierärztlichen Hochschule Hannover initiierte die vorliegende Arbeit, deren Kern eine zum Thema: „Hundeangriffen in Deutschland“ durchgeführte Befragung darstellt. Die beiden eigens hierfür konzipierten Fragebögen – einer für Hundehalter und ein zweiter für von Hundeangriffen Betroffene – wurden gezielt im Internet veröffentlicht, um eine breite Masse von Menschen zu erreichen. Beide Fragebögen konnten über Links, welche auf dem Server der Tierärztlichen Hochschule Hannover abgelegt waren, erreicht werden. Ebenso waren sie durch Eingabe von Schlüsselbegriffen über einschlägige Suchmaschinen aufzufinden. Gleichzeitig wurde durch Verteilen von Flyern, Bekanntmachungen in Zeitungen und auf Seminaren u. a. m. auf diese Umfrage hingewiesen. Letztendlich konnte durch die Verwendung des Mediums Internet ein beinahe bundesweites Einzugsgebiet der Umfrageteilnehmer erreicht werden. Dennoch besitzt das Ergebnis dieser Umfrage keine Allgemeingültigkeit. Die Befragung macht deutlich, dass viele Hunde schon im Vorfeld durch aggressives Verhalten, sowohl Hunden als auch Menschen gegenüber, auffällig waren. Durch rechtzeitiges Erkennen der Probleme hätte fachkundiger Rat eingeholt und somit eventuell einige dieser Beißvorfälle vermieden werden können. Dazu ist jedoch Grundwissen über das Verhalten von Hunden vorauszusetzen. Deshalb wird zu Beginn der Arbeit auf dieses Thema eingegangen. Insgesamt ergab die Befragung eine große Vielfalt an Hunderassen, die gebissen haben, jedoch deutet die Auswertung auf keine bestimmte Rasse als typischen „Beißer“ unter den angegebenen Fällen hin. So wurden im Fragebogen für Hundehalter andere Rassen benannt, als im Fragebogen für Opfer von Beißvorfällen. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass Aggressivität und das Eintreten von Beißvorfällen situationsunabhängig nur auf die Rasse eines Hundes zurück zu führen sind. Gesamte Studie zum Download hier.


Medienspektakel um Kampfhunde, schriftliche Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Diplom Kommunikationswirtin im Fachbereich 2 der Hochschule der Künste Berlin, 16. April 1999, von Petra Dressler.

Interessante Arbeit zur Entstehung der Öffentlichen Meinung durch die Medien. Gesamte Studie zum Download hier.